Tagung

Vor-Bildlichkeit

08. - 10. Dezember 2011
eikones Forum

Der Begriff des Vorbildes ist so vieldeutig, dass selbst ein direkter Bildbezug noch zwei konträre Lesarten zulässt: Denn der Begriff weist sowohl in die Zukunft als auch in die Vergangenheit der Gebrauchsweisen eines Bildes. Ein im einfachen Sinne des Wortes vorbildliches Bild lässt Orientierungen an und mit ihm zu, ermöglicht, wie eine Blaupause, koordinierte Wiederholungen, oder imaginiert, wie eine gute Entwurfszeichnung, Ausführungen und Anwendungen, auch wenn diese nicht konkret erfolgen müssen. Trägt man aber in die Aussprache des Vor-Bildlichen eine skeptische, nachfragende Langsamkeit ein, oder trennt in seiner Aufzeichnung die Präposition vom Bildlichen, so schlägt das hypothetisch Zukünftige in ein ebenso hypothetisch Vergangenes um: das Vor-Bildliche bringt das Vorläufige, dem Bild Voraus-Gehende zur Sprache und macht damit pauschal und undetailliert, auf seine Konstitutionsgeschichte und deren unübersichtliche Bedingungen aufmerksam.

Die Paradigmatik des Vorbildes ordnet sich üblicherweise einer platonischen Dichotomie ein, die ein prototypisches Urbild von einem ektypischen Ab- bzw. Nachbild unterscheidet. Diese noch von Kant wiederholte Zweiteilung zwischen Archetypon und Ektypon wäre jedoch um eine eigenständige dritte Option, die des Vorbildes, allererst zu ergänzen. Sie lässt sich konturieren, wenn man die Konstitution des Paradigmatischen auf der Ebene einzelner produktiver Bildpraktiken diskutiert. Wie entstehen Vorbilder als Bilder? Wie partizipiert die spezifische Qualität der Vorbildlichkeit eines Bildes an seinem Entwurfsprozess? Erst mit diesen Fragen wird die Vergangenheit des Vor-Bildlichen auch als seine Produktionsgeschichte annoncierbar.

Vor-Bildlichkeit ist damit zwischen der Genese von Neuem und der Reproduktion nach einem verbindlichen Plan, einer bildtechnischen Gepflogenheit, einer kunsthandwerklichen Fertigkeit oder einer geometrischen Konstruktionsregel situiert. Dieses problematische Lage zwischen Tradierung und Antizipation, lässt sich in diversen Bildproduktionen wiederfinden und soll entsprechend an Bildbeispielen aus Alltag und Kultur, Wissenschaft, Technik und Kunst exemplarisch diskutiert werden.
 

Programm


Donnerstag, 8. Dezember 2011

17.30 – 17.45Begrüssung: Ralph Ubl
17.45 – 18.15Einleitung: Toni Hildebrandt, Ulrich Richtmeyer       
18.15 – 19.30Werner Busch: Über die Entfernung der
Vorzeichnung vom fertigen Bild


Freitag, 9. Dezember 2011

09.30 – 10.30Thomas Macho: Im Zeitalter des Vorbildes:
Zur Wiederkehr des Platonismus
10.30 – 11.30Susanne Regener: Produktionsprozesse von
Fotografien-wider-Willen
11.30 – 12.00Pause
12.00 – 13.00Stefan Römer: Zwischen Tableau und Screen - Wiederholungs-Interesse in konzeptueller Fotografie und Film
13.00 – 14.30Pause
14.30 – 15.30Sean Keller: Drafting Dodgers:
Architecture after Drawing
15.30 – 16.30Franziska Uhlig: Graustufen. Übergänge
zwischen Übung und Werkzeug
16.30 – 17.00Pause
17.00 – 18.00Michael Renner: Entwurfsprozesse und ihr
Verhältnis zur Vorbildlichkeit
18.00 – 19.00Dieter Mersch: Malewitsch, Florenskij, Hegel


Samstag, 10. Dezember 2011

10.00 – 11.00Barbara Wittmann: Zeichnen im Bild.
Mikroskopische Präparate und ihre Abbilder
11.00 – 12.00Wladimir Velminski: Antizipation durch
Indeterminanz - vom Patentieren
der Kirilian-Fotografie
12.00 – 12.15Pause
12.15 – 13.15Gunter Gebauer: Gefangen von einem Bild
13.15 – 13.30Abschlussdiskussion

 

 



Konzept: Toni Hildebrandt, Ulrich Richtmeyer

Referierende: Werner Busch, Gunter Gebauer, Sean Keller, Thomas Macho, Dieter Mersch, Susanne Regener, Michael Renner, Stefan Römer, Franziska Uhlig, Wladimir Velminski, Barbara Wittmann

Downloads: Poster Vor Bildlichkeit, Programm Vor Bildlichkeit

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